Schirin Kretschmann
Foto: Marc Doradzillo
Vita
Schirin Kretschmann arbeitet im Spannungsfeld von installativer Malerei und ihren Grenzbereichen zu prozessualen Werkformen, die das malerische Handeln mit wissenschaftlichen Erkenntnis- und Rechercheprozessen in Beziehung setzt und es selbst als ästhetische Forschung auffasst.
Sie studierte Bildende Kunst an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und an der ENPEG La Esmeralda Mexico City sowie Germanistik an der Universität Freiburg. Sie hat Arbeiten für den öffentlichen Raum sowie internationale Galerien und Institutionen entwickelt (Kunstmuseum Stuttgart, Kunstverein Hannover, Museum für konkrete Kunst Ingolstadt, Bündner Kunstmuseum Chur/CH, Kunsthaus Baselland/CH, Tianjin Academy of Fine Arts/VRC, Kunstverein Freiburg, Kunstverein Salzburg, u.a.) und ist vielfach ausgezeichnet worden (Studienstiftung des Deutschen Volkes, Kunststiftung Baden-Württemberg, Stiftung Kunstfonds, SNF-Doktorandenförderung / eikones Institut für Bildkritik der Universität Basel u.a.). In Forschungsprojekten wie „Präparat Bergsturz“ (Hochschule der Künste Bern) oder „six memos for the next ...“ (Magazin4 Bregenzer Kunstverein) hat sie an transdisziplinären Bild- und Erkenntnismethoden gearbeitet. Ihr künstlerisch-wissenschaftliches PhD-Projekt (eikones Insitut für Bildkritik der Universität Basel, Bauhaus Universität Weimar) erforscht Grenzbereiche der Malerei im dreidimensionalen Bildraum. Seit 2020 ist sie Professorin für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München.
Publikationen (Auswahl):
- "Liquid Matter(s)", in: Ulrich Pfisterer, Christine Tauber (Hg.): Einfluss, Strömung, Quelle. Aquatische Metaphern in der Kunstgeschichte, Bielefeld 2018, S. 363-378.
- Hg. mit Jörg van den Berg, Sandra Boeschenstein, Wolfgang Fetz, Barbara Köhler, Tilo Schulz: Six memos for the next... [für das Magazin4, Bregenzer Kunstverein, mit Texten von Jörg van den Berg, Sandra Boeschenstein, Schirin Kretschmann und Tilo Schulz]. Wien: Verlag für Moderne Kunst, 2016.
- Insomnia but Salsa, Köln: Strelezcki Books 2014.
- Hg. mit Florian Dombois, Priska Gisler, Markus Schwander: Präparat Bergsturz II, Hochschule der Künste Bern, Bern 2013.
- Hg. von Priska Gisler, Hochschule der Künste Bern und Katharina Amman: Präparat Bergsturz I, Bündner Kunstmuseum Chur, Bern 2012.
Künstlerisches Forschungsvorhaben: Stille Materialität der Zeit
Meine künstlerische Arbeit ist situativ und prozessual angelegt, indem sie von einer anfänglichen künstlerischen Setzung ausgeht und Entwicklungen oder fluktuale Prozesse anstößt, in denen den BetrachterInnen in der Regel selbst eine aktive Rolle zukommt und Wahrnehmung als ein vielfältiger, synästhetischer, sich beständig wandelnder und somit unabgeschlossener Prozess vorausgesetzt wird. Die Intervention eines Materials in spezifische Ausstellungskontexte ist jeweils eine direkte Reaktion auf die Bedingungen der jeweiligen Kontexte und ihre materiellen Bestandteile.
Das verwendete Material findet entsprechend der jeweiligen physikalischen Bedingungen (Temperatur, Lage, Oberflächenbeschaffenheit) an den jeweiligen Trägern (Wand, Decke, Boden, Glasscheibe) Halt oder verbindet sich mit ihnen. Zusätzlich speichern die offenen Oberflächen des Materials Eingriffe der BesucherInnen und Dinge wie Staubpartikel, Insekten und Pollen, die gewöhnlich unsichtbar bleiben. Ihre Zufallsspuren werden wie von einem Detektor eingefangen und manifestieren so die stille Materialität der Zeit.
Der vierwöchige Aufenthalt im Kontext der DFG-Kolleg-Forschungsgruppe „Imaginarien der Kraft“ in Hamburg diente einer Überprüfung des Wechselverhältnisses zwischen der eigenen künstlerischen Arbeit und ihren verschiedenen situativen Wirkungen. In dem realisierten Textprojekt wurden die Erfahrungen aus bestehenden Arbeitsprozessen zusammengeführt.