2026/27: Transgression
Im abschließenden Jahr wollen wir uns mit der Skalierung der Kräfte beschäftigen, wie sie seit dem 14. Jahrhundert v. a. in der Kategorie der Intensität konzeptualisiert wurde. Kräfte sind grundlegend durch ihre Ermüdung bedroht, aber ihnen kommt zugleich eine ebenfalls kaum kontrollierbare Steigerungsfähigkeit zu, die immer schon Kritik an exzessiver Durchbrechung von Ordnungsstrukturen auf sich gezogen hat. Darin ist auch eine Skepsis gegenüber der potentiellen Selbstzerstörung transgressiver Kräfte enthalten. Der Kunstdiskurs kreist daher seit der Frühen Neuzeit um Strategien der Kräftebalance, die sich von der Moderierung zugleich Dauerhaftigkeit und Resilienz verspricht. Zugleich bilden aber Transgressionen in vielfacher Weise den Fluchtpunkt und das eigentliche Ziel künstlerischer Produktionen, so etwa die Schaffung übermächtiger artifizieller Lebewesen, die ihre Betrachter:innen paralysieren, das Einbrechen übermenschlicher Schöpferkräfte, die epiphanische Wirkungen hervorrufen, die Vorstellung von den radikal asemantischen, die symbolischen Ordnungen überschießenden Kraftwirkungen der Kunst oder sogar diabolische, destruktive Kräfte.