RINGVORLESUNG
Beschreibung
Die Gewinnung und Nutzung von Energie ist landschaftsprägend. Das gilt nicht erst seit der sogenannten Energiewende und der Fokussierung auf erneuerbare Energien, die vom großflächigen Anbau energetischer Nutzpflanzen wie Raps oder Mais bis zur Errichtung weiträumiger Wind- und Solarparks reicht und dem Begriff der Energielandschaft entscheidend zur Popularität verholfen hat. Schon bevor sich in Deutschland der Energiebegriff im 19. Jahrhundert herauszubilden beginnt, wird die Landschaft auf unterschiedliche Weisen zur Gewinnung energetischer Ressourcen genutzt: die Abholzung der Wälder, der Dammbau sowie die Minen- und Hüttenwirtschaft prägen bereits das vorindustrielle Landschaftsbild. Massiv verändert wurde das Landschaftsbild schließlich aber auch durch die fossile Energiegewinnung, wobei der Tagebau auch den Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten zerstört hat und die nun, mit der Umstellung auf regenerative Energieträger, vor der Frage ihrer Wiedernutzbarmachung stehen.
Während das Kompositum „Energielandschaft“ vor dem Hintergrund eines geographischen Landschaftsbegriffs einleuchtend erscheint – Landschaft wird hier als „physiognomischer Ausdruck der in einem bestimmten Raum […] wirksamen Kräfte“ (L. E. Jedicke) definiert – scheint er aus Sicht der ästhetischen Landschaftstheorie einen fundamentalen Widerspruch zu bezeichnen, ist von Landschaft doch gemeinhin dort die Rede, wo die Natur dem Menschen gerade abseits ihrer Nutzbarkeit ästhetisch anmuten kann (J. Ritter). Der gegenwärtig entstehende Landschaftstypus erfordert somit neue ästhetische Kategorien und Betrachtungsweisen.
Genau hier möchte die Ringvorlesung einsetzen und das Verhältnis von Energie, Landschaft und Ästhetik neu austarieren. Im Sinne einer ökokritisch inspirierten Kultur- und Literaturwissenschaft soll dabei gerade nicht von einer Dichotomie zwischen Technik und Natur ausgegangen, sondern vielmehr Möglichkeiten in den Blick genommen werden, die Nutzbarmachung und Ästhetisierung von Naturraum zusammenzudenken. Dabei gilt das Interesse den historischen und kulturellen Entwicklungsstadien der „Energielandschaft“ ebenso wie aktuellen Perspektiven aus unterschiedlichen disziplinären Blickwinkeln. Ziel dabei ist es, zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem vielschichtigen Begriff der Energielandschaft anzuhalten, der technisch-ökonomische, soziale, kulturelle und ästhetisch-künstlerische Ebenen verbindet.
Programm
Programm (aktualisiert am 11.10.2024)
Veranstaltungsort: Hauptgebäude, Edmund-Siemers-Allee 1, ESA J Magdalene-Schoch-Hörsaal
14.10.2024 |
Einführung: Franca Buss, Frank Fehrenbach, Mia Hallmanns, Laura Isengard, Cornelia Zumbusch (Hamburg) Der Einführung muss leider kurzfristig entfallen. |
21.10.2024 | Lutz Hengst (Berlin): Produktives Übersehen. Anmerkungen zu ausgewählten Vi- und Versionen von Landschaft |
28.10.2024 | Raimund Rodewald (Bern): Ästhetische Zugänge und Qualitäten von Infrastrukturlandschaften |
04.11.2024 | Ute Berns (Hamburg): Fossile Energie und Transformation der Landschaft: Dichterische Wahrnehmung in Großbritannien um 1800 |
11.11.2024 | Vanesa Castán Broto (Sheffield): Thinking Infrastructure Landscapes Through Energy |
18.11.2024 | Hartmut Böhme (Hamburg): Boden, Erde, Grund. Formative Kräfte des Stofflichen |
25.11.2024 | Sören Schöbel-Rutschmann (München): Energiewende und Landschaft als öffentlicher Entwurf |
02.12.2024 | Ton Matton (Wendorf): Tanz der Turbinen: Beobachtung von Windturbinen und Gestaltung von Windparkanlagen |
09.12.2024 | Tina Asmussen (Bochum): Elementarkräfte, Körper und Kosmologien: Energielandschaften des Bergbaus in der Frühen Neuzeit |
16.12.2024 | Marcus Twellmann (Hamburg): Energetische Abhängigkeit und kulturelle Vormacht. Zur neueren Stadt- und Landliteratur |
13.01.2025 | Maurice Saß (Alfter): Von Äxten, Sägen und Öfen: Energielandschaft im Holzzeitalter |
20.01.2025 | Monika Szuba (Gdańsk): Palimpsestic Traces: Landscape, Culture, and Energy in Scotland |
27.01.2025 | Birgit Schneider (Potsdam): Bilderbuchlandschaften, Alltagslandschaften, Technolandschaften. Warum Landschaften politisch sind, am Beispiel von Windkraft |