Simone Kessler
Foto: Enver Hirsch
Vita
Simone Kessler ist eine multidisziplinäre Künstlerin, die sich in kreativen Prozessen mit philosophischen Fragen befasst, die menschliche Systeme, Ökologie und Wissenschaft miteinander verbinden. Ihre Praxis ist in thematische Serien gegliedert, die unterschiedlich und gleichzeitig eng miteinander verknüpft sind: Sequenzen, seit 2012, Räume, seit 2014, Clay Studies, seit 2015 und Earthly Matters seit 2019. In ihrer künstlerischen Forschung nimmt Simone Kessler neue Werke in diese sich ständig erweiternden Serien auf, die verschiedene Formen annehmen können: Installationen, Skulpturen, Zeichnungen, Videos, Fotografien und Objektperformances. Oft nimmt sie theoretische Überlegungen als Ausgangspunkt und schafft subtile poetische Darstellungen bestimmter natürlicher oder physikalischer Phänomene, die komplex und auf den ersten Blick nicht erkennbar sind. Clay Studies und Earthly Matters beispielsweise befassen sich mit dem Widerstand natürlicher Materialien, der magnetischen Anziehung und den Folgen bestimmter Nutzungen von Land- und Meereslandschaften.
In ihren jüngsten Werken hinterfragt Simone Kessler menschengemachte Konzepte wie „Intelligenz“, die dazu genutzt werden, den Menschen im natürlichen System über andere Lebewesen zu stellen. Viele ihrer Projekte erfordern mittel- oder langfristige Forschungsphasen und interdisziplinäre Zusammenarbeit, bei denen Wissenschaftler:innen, Künstlerkolleg:innen und Kurator:innen gemeinsam mit ihr einige der dringenden Themen sichtbar machen, die das menschliche und mehr-als-menschliche Leben in unserer heutigen Zeit betreffen.
Publikationen (Auswahl)
- female follows form, Simone Kessler & Edward Beierle, Eigenverlag, ISBN 9783941722958.
Forschungsvorhaben: Someone's Sensing
Someone’s Sensing ist ein transkulturelles und interdisziplinäres Forschungsprojekt, das mehr-als-menschliche Perspektiven in den Blick nimmt, ihre Kommunikation erforscht und idealerweise dazu beiträgt, Empathie für andere Lebensformen zu kultivieren. Im Mittelpunkt stehen die Fragen: Was geschieht jenseits unseres Sinneserlebens, und wie können wir die Welten anderer Lebewesen einbeziehen – selbst wenn sich diese unserer Wahrnehmung teilweise oder vollständig entziehen?
Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den marinen Lebensräumen – den Seascapes –, die als erweiterte Landschaften zunehmend auch von menschlichen Kräften geprägt werden. Es stellen sich Fragen wie: Wie erweitern Wissenschaft und Technik unsere Sinne, etwa in den Infraschall- und Ultraschallbereich, in dem zum Beispiel Schildkröten oder Delfine kommunizieren? Wie orientieren sich akustisch gesteuerte Lebewesen in trüben oder dunklen Gewässern, und was spüren Haie in ihren Lorenzinischen Ampullen, wenn sie die elektromagnetischen Signale von schlagenden Fischherzen oder pulsenden Unterseekabel wahrnehmen? Oder was hören Wale unter Wasser – und was erzählen sie sich, wenn sie singen und klicken? Könnte künstliche Intelligenz uns demnächst dabei helfen, ihre Sprache zu sprechen – und wäre der erste Schritt zu diesem Verständnis nicht zuerst einmal, sorgsam zuzuhören?