Julia Klar, M.A.
Vita
Julia Klar studierte Deutsche Sprache und Literatur, Anglistik sowie Deutschsprachige Literaturen an der Universität Hamburg. Seit 2023 arbeitet sie an einer Dissertationsschrift zu den Formen des Klimawandels in Texten von Marion Poschmann, Esther Kinsky, Anja Kampmann und Judith Schalansky [Arbeitstitel: Wolken, Pflanzen, Fossiles: Formen des Klimawandels in der Gegenwartsliteratur].
Forschungsvorhaben: Formen des Klimawandels in der Gegenwartsliteratur
Die häufig vorgebrachte Kritik an einem zu stark themen- und inhaltsorientierten Ecocriticism nimmt das Projekt als Ausgangspunkt, um nach den Formen des Klimawandels in Texten von Marion Poschmann, Esther Kinsky, Anja Kampmann und Judith Schalansky zu fragen. Zum Tragen kommt dabei Caroline Levines weitgefasstes Formkonzept, dem zufolge Formen nicht nur innertextuell Ordnungs- und Organisationskräfte haben, sondern diese Funktion gleichermaßen in soziopolitischen Kontexten, also außertextuell erfüllen. Dies macht Formen im Sinne einer flachen Ontologie auf allen Ebenen miteinander les- und vergleichbar und ermöglicht die Prämisse des Projekts: Natürliche Phänomene, letztlich den Klimawandel selbst ebenfalls als miteinander interagierende und kollidierende Formen zu begreifen.
Im Rahmen des Fellowship soll insbesondere das Fossile, das in seinen Erscheinungen – als fossile Überreste ausgestorbener Lebewesen aus der geologischen Deep Time oder als fossile Brennstoffe – zum Schnittpunkt multipler Klimawandeldiskurse wird, als Form betrachtet werden. Es gilt zu fragen, wie die Form des Fossilen seine Ordnungskräfte in den Texten ausübt, aber insbesondere auch, wie die Texte verschiedener Genres – Lyrik, Romane, Essays – diesen Kräften Widerstand leisten, indem sie ihnen mit poetologischen Formreflexionen begegnen.
Forschungsergebnisse: Formen des Klimawandels in der Gegenwartsliteratur
Während meines Junior Fellowships in der DFG-Kolleg-Forschungsgruppe „Imaginarien der Kraft“ konzentrierte ich mich auf die literarische Darstellung von fossilen und post-fossilen Energielandschaften in der Gegenwartsliteratur, insbesondere in den Werken von Anja Kampmann, Marion Poschmann und Esther Kinsky. Diese Texte bieten prägnante Zugänge zur Darstellung von Landschaften, die durch historische und gegenwärtige Energieformen geprägt sind, und reflektieren auf unterschiedliche Weise die Übergänge von fossilen hin zu post-fossilen Energiekulturen. Einige der Ergebnisse konnte ich zu einem Beitrag für das Warburg-Kolleg „Energielandschaften“ ausarbeiten, der die literarische Auseinandersetzung mit Energielandschaften und die dahinterstehenden Skaleneffekte problematisiert, die als eine der zentralen Herausforderungen an die Darstellung des Klimawandels gelten.
Zudem widmete ich mich dem Konzept des Geländes in den Arbeiten von Esther Kinsky. Kinskys Darstellung von Gelände als ein zeichenhaftes Konstrukt, das sie dem Begriff Natur oder Landschaft vorzieht, stellt für mein Projekt eine wesentliche Ergänzung dar, da es die Transformation von Landschaft als historische und kulturelle Schichtungen lesbar macht. Im Kontext der Energielandschaften zeigt sich dieser Begriff des Geländes als eine literarische Reflexion auf die Verbindung von Natur, Kultur und Energie, der sich Kinsky in verschiedenen Genres zuwendet (Essay, Gedichte, Romane).
Dank der vielfältigen Diskussionen und der interdisziplinären Ausrichtung der Kolleg-Forschungsgruppe konnte ich mein Projekt zu den Formen des Klimawandels methodisch verfeinern und neue Impulse für die Analyse literarischer Formen und deren epistemischer Dimensionen gewinnen. Diese Zeit ermöglichte es mir, das Konzept der Energielandschaften nicht nur als thematisches Element, sondern als strukturelle Form in der Gegenwartsliteratur zu betrachten und so auch weiterführende Fragen für meine Dissertation zu formulieren.