Mathilda Blanquet, M.A.
Foto: Caroline Ruiz
Vita
Mathilda Blanquet studierte Kunstgeschichte an den Universitäten Toulouse Jean Jaurès, Paris I - Panthéon Sorbonne und an der Ecole du Louvre. Seit 2017 verfolgt sie ein Promotionsprojekt an der Universiät Jean Jaurès Toulouse im Laboratoire Framespa und ist seit Mai 2021 sie Junior-Fellow am CAS "Imaginaria of Force". Ihre geplante Doktorarbeit mit dem Titel "Artifices de décence et érotisation du corps dans la sculpture italienne (Rome - Florence, XVIe - XVIIe siècles)" wird von Prof. Dr. Frank Fehrenbach (Universität Hamburg) und Prof. Pascal Julien (Toulouse Jean Jaurès) betreut. Von 2018 bis 2020 war sie Lektorin für Kunst der Renaissance am Institut für Kunstgeschichte an der Universität Jean Jaurès, wo sie derzeit eine Stelle als Lehr- und Forschungsassistentin für das Studienjahr 2020/2021 inne hat. Zusammen mit Juliette Souperbie (M.A.) organisiert sie ein internationales Symposium, das sich mit Fragen zur Verwendung des Körpers in der politischen Kunst der frühen Neuzeit beschäftigt ("Body & Power: The body in political art in early modern times"), sowie einen Workshop zum Thema Demonstrationen von Kraft und Gewalt in der Kunst der frühen Neuzeit (im Rahmen des, ebenfalls mit Juliette Souperbie veranstalteten Framespa-Seminars "Rapport de force": "Combats métaphoriques : des corps en lutte dans l'iconographie politique de la Renaissance"). Mathilda Blanquet erhielt im September 2020 ein Daniel Arasse-Stipendium, um an der Villa Medici - Académie française de Rome und an der Ecole française de Rome zu forschen. Ihre Doktorarbeit wurde auch vom INHA und dem DAAD unterstützt.
Publikationen (Auswahl)
- "Suggestion plutôt que monstration, quand la sensualité se fait subreptice dans la sculpture italienne des XVIe et XVIIe siècles" in Thierry Verdier: Chair et bonne chère à la Renaissance, les 6° rencontres de Bournazel, Actes du colloque international de Bournazel, PU Montpellier et Editions Buissons, Dezember 2019, S. 128-145.
- "Asservir la femme : quand ascendances politique et sexuelle s’unissent dans la sculpture florentine du XVIe siècle", Dossier "Instrumentalisation du féminin à la Renaissance : la femme comme faire-valoir dans la propagande du XVIe siècle" in: L'art par Contrast, n° 3, 2019, S. 28 - 36.
Forschungsprojekt: Von der Ephebe zum Athleten: Ästhetische und semiologische Variationen der potentia in der florentinischen und römischen Skulptur des Cinquecento und Seicento
In der frühen Neuzeit erfolgte die Exaltierung der Macht - sowohl der spirituellen als auch der politischen - durch Statuen, in denen der männliche Körper stark und großartig dargestellt wird, so wie jener der antiken Götter, Helden und Herrscher. Diese Anatomien sind die Verkörperung des lateinischen Begriffs der potentia, welcher Vorstellungen von Kraft, politischer Macht und Herrschaft in einem Term vereinigt. Diese Idee vom heroischen Körper ist in der Tat von der antiken Skulptur abgeleitet. Die Bildhauerei ist also gleichzeitig mit einem glorreichen Verweis auf eine klassische, ungestüme und erhabene Vorstellung behaftet, was die Vorherrschaft dieses Mediums zur Verkörperung der Tugenden von Kraft und Macht der Herrschaft rechtfertigt.
Das Projekt wird sich auf die anthropologische Dimension der Skulptur konzentrieren, als offensichtlicher symbolischer Referent, um Kraft - physische, politische oder moralische - und Vorherrschaft als Ausdruck einer Kardinalstugend darzustellen. Die scheinbare Dichotomie dieser Ästhetik wird hinterfragt werden, da sich zwei Tendenzen in der Repräsentation des kraftvollen und virilen Körpers durchgesetzt haben: mal wird der Ephebe, mal der Athlet dargestellt.
Sie muss auch im Kontext von Auftrag und Abbildung verstanden werden. Die Erregung der Sinne und Emotionen in der bildhauerischen Manifestation der potentia, wird im Hinblick auf die Aneignung der ciceronischen Rhetorik und die perlokutionären Zwecke der Kunst (docere, delectare, movere) untersucht. Die Ausdruckskraft, sowohl die emotionale als auch die sensible, wird in Bezug auf die plastischen Besonderheiten der Skulptur sowie auch auf die Rezeption der Kunstwerke berücksichtigt.
Forschungsergebnisse: Von der Ephebe zum Athleten: Ästhetische und semiologische Variationen der potentia in der florentinischen und römischen Skulptur des Cinquecento und Seicento
Im 16. Jahrhundert setzte sich der nackte, athletische Körper in der politischen Ikonografie der Medici durch. Als Träger eines antiken Ideals, sowohl plastisch als auch symbolisch, wurde insbesondere der herkulische Körper zum bevorzugten Vektor, um die Potentia des Herrschers zu verherrlichen. Er ist die Verkörperung der heroischen Virtù, die der Kraft und der Gewalt, die jedoch mit Bedacht ausgeübt wird, einen zentralen Platz einräumt (Machiavelli). Der Körper des Epheben, dessen Sinnlichkeit des Fleisches, die Androgynität, auf ein moralisches Ideal verweist und der durch die neuplatonische Philosophie erfasst wurde, wird nun in den Privatsammlungen der Eliten geschätzt und dient nicht mehr als Gegenstand der Zierde und der politischen Verherrlichung, wie noch im Quattrocento und in den ersten Jahrzehnten des Cinquecento.
Die Sinnlichkeit des künstlerischen Körpers und die Gefahren seiner Wirkung auf den Betrachter stehen auch im Mittelpunkt des nachtridentinischen Denkens, und die auffällige Nacktheit wird punktuell verpönt - sogar in Florenz. Die Sublimierung des Körpers durch die Nacktheit und die Ikonografie der Antike wird jedoch im öffentlichen Raum fortgesetzt. Mehr noch, diese Sinnlichkeit (der Körper und/oder der Objekte) wird durch eine Verschärfung der Stärke in den ausgestellten Kompositionen und Themen ausgeglichen. Diese Werke wurden von zeitlichem Kommentatoren, aber auch von der Kunstgeschichte im Lichte ihrer künstlerischen Exzellenz betrachtet, die zum Teil auf der Verherrlichung von Gewalt durch betörende fleischliche Effekte beruhte. In einem Kontext, in dem Kraft, Männlichkeit und Virtù zu den entscheidenden Elementen bei der Ausübung und dem Ausdruck politischer Macht werden, stellt die Wiedergabe roher Gewalt ein Gegengewicht zur Erotik dieser Werke dar und rechtfertigt ihren Platz im öffentlichen Raum der Medici.