Dr. Jana Graul
Foto: Enrico Fontolan
Vita
Jana Graul ist Kunsthistorikerin. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Kunst und Kunsttheorie der Frühen Neuzeit (v.a. Italien); künstlerische Selbstinszenierungsstrategien und Identitätskonstruktion; Ethik des Künstlers und das Bezugsfeld Kreativität, Moral und Kunst; Kunst und Heilkraft sowie Materialien und Techniken künstlerischer Zeichnungen.
Ihr Studium in Jena, Florenz und Siena schloss sie mit einer Magisterarbeit zu Daniele da Volterras Orsini-Kapelle in Trinità dei Monti in Rom ab. Von 2006-09 und 2014-15 war sie als Wissenschaftliche Assistentin der Abteilung Prof. Nova am Kunsthistorischen Institut in Florenz/ Max-Planck-Institut (KHI) tätig, u.a. im Projekt Vasaris Welten. Sie erhielt Stipendien u.a. von DAAD, KHI, Gerda Henkel-Stiftung, Istituto Nazionale di Studi sul Rinascimento (Florenz) und Deutsches Studienzentrum in Venedig und arbeitete mit verschiedenen Museen zusammen, darunter Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi und Galleria Palatina (Florenz), Musée du Louvre (Paris), Scuderie del Quirinale (Rom) und Graphische Sammlung ETH (Zürich).
Von November 2019 bis Mai 2020 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Kolleg-Forschergruppe BildEvidenz an der Freien Universität Berlin. Sie promovierte im März 2020 an der Goethe-Universität Frankfurt mit einer Arbeit zu Invidia als Künstlerlaster. Neid in Kunst und Kunstliteratur der Frühen Neuzeit, die mit dem Publikationspreis der Bibliotheca Hertziana/ Max-Planck-Institut (BH), dem Promotionspreis der Benvenuto Cellini-Gesellschaft (Frankfurt am Main) sowie dem Hans-Janssen-Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen ausgezeichnet wurde. Von Juni bis August 2020 war sie Gastwissenschaftler der BH in Rom, wo sie die Publikation ihrer Studie zum Künstlerneid vorbereitete.
Derzeit beschäftigt sie sich mit den Themenkomplexen Kunst und (Heil-)Kraft sowie Künstlerneid und Gewalt und arbeitet am DFG Projekt Leonardo da Vinci. Das Buch von der Malerei mit.
Publikationen (Auswahl)
- Invidia als Künstlerlaster. Neid in Kunst und Kunstliteratur der Frühen Neuzeit, München 2021 (= Römische Studien der Bibliotheca Hertziana) – in Vorbereitung (erscheint im Frühjahr/ Sommer 2021).
- „Particolare vizio de’ Professori di Queste Nostre Arti: On the Concept on Envy in Vasaris’s Vite”, in: I Tatti Studies in the Renaissance 18,1 (2015), S. 1-36.
- „Il Ligozzi dei cani mordaci: l’Invidia e la serie dei vizi capitali”, in: Jacopo Ligozzi ‘pittore universalissimo’ (Ausstellungskatalog), hg. v. Alessandro Cecchi und Marzia Faietti, Florenz 2014, S. 185-197.
- „Pittori non con tutto il cuore. Artitsi-musicisti nelle Vite di Vasari“, in: Il dolce potere delle corde. Orfeo, Apollo, Arione e David fra Quattrocento e Cinquecento (Ausstellungskatalog), hg. v. Susanne Pollack, Florenz 2012, S. 79-81.
- „‚Tanto lontano da ogni virtù’. Zu Konkurrenz, Neid und falscher Freundschaft in Vasaris Vita des Andrea del Castagno und Domenico Veneziano“, in: kunsttexte.de 1 (2012), 40 S.
- Einleitungs- und Kommentartexte zu: „Das Leben des Filippo Lippi“, „Das Leben des Pesello und Pesellino“ und „Das Leben des Andrea del Castagno und Domenico Veneziano“, in: Giorgio Vasari. Das Leben des Filippo Lippi, des Pesello und Pesellino, des Andrea del Castagno und Domenico Veneziano und des Fra Angelico, hg. v. Jana Graul (gemeinsam mit Heiko Damm), Berlin 2011, S. 9-13, 38-40, 44-51, 105-191.
- „An der Schwelle zur Malerei. Farbige Träger in der Florentiner Zeichenpraxis bis 1500“, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 37 (2010), S. 73-119.
- „’fece per suo capriccio, e quasi per sua defensione’. I due bassorilievi in stucco di Daniele da Volterra per la Cappella Orsini”, in: Prospettiva 134-135 (2009 (2010)), S. 141-156.
- „,Il principio e la porta del colorire’. Zur Rolle farbiger Fonds in der Florentiner Zeichnung des 14. und 15. Jahrhunderts“, in: Le tecniche del disegno rinascimentale. Dai materiali allo stile, Mitteilungen des Kunsthistorischen Instituts in Florenz 52,2-3 (2008 (2010)), S. 6-22.
Forschungsvorhaben: Die 'Schlagkraft' virtuoser Kunst: Kraftkonzepte in frühneuzeitlichen Künstlerneidallegorien
Das Projekt untersucht eine Reihe allegorischer Kunstwerke aus dem 15. bis 17. Jahrhundert, die mit bildmagischen Vorstellungen arbeiten und den künstlerischen Siegesanspruch sowie die Bewahrung vor dem ›Berufslaster‹ Neid zum Thema haben. Auf unterschiedlichen Wegen wird hier postuliert, die Bilder seien aufgrund ihrer virtus und ars in der Lage, nicht nur Blicke missgünstiger Betrachter und durch sie ausgelöstes Unheil und Krankheiten abzuwehren, sondern auch ihrerseits ihr Gegenüber zu ‚faszinieren‘, so dass es überwältigt und außer Gefecht gesetzt wird, im besten Fall, um vor Bewunderung zu erstarren.
Forschungsergebnisse: Die 'Schlagkraft' virtuoser Kunst: Kraftkonzepte in frühneuzeitlichen Künstlerneidallegorien
Anschließend an meine Studie zu Invidia als Künstlerlaster in der Frühen Neuzeit, die u.a. die Sonderrolle des Neids bei der künstlerischen Identitätskonstruktion und das wirkmächtige Bezugsfeld von Kreativität, Moral und Kunst in den Blick nimmt, ist das Forschungsprojekt zur ›Schlagkraft‹ virtuoser Kunst dem Zusammenhang von Künstlerneid, virtus und Gewalt sowie Kunst und Heilkraft gewidmet.
Die Monate in der Forschungsgruppe habe ich zum einen genutzt, um mich mit Figurationen von Künstlerkrankheit und den diesen inhärenten Vorstellungen vom kreativen Potential künstlerischer Erkrankungen wie auch von einer Heilkraft der Kunst zu beschäftigen. Teilergebnisse wurden im November 2020 auf der Tagung Kunst und Gebrechen an der Uni Salzburg vorgestellt und erscheinen im Laufe dieses Jahres im zugehörigen Tagungsband (Schriftenreihe des Programmbereichs Figurationen des Übergangs).
Zum anderen habe ich eine Reihe von Werken untersucht, die mit bildmagischen Vorstellungen arbeiten und teils postulieren, die Bilder seien aufgrund ihrer virtus und ars in der Lage, nicht nur Blicke missgünstiger Betrachter und durch sie ausgelöstes Unheil und Krankheiten abzuwehren, sondern auch ihrerseits ihr Gegenüber zu ›faszinieren‹, so dass es überwältigt und außer Gefecht gesetzt wird, im besten Fall, um vor Bewunderung zu erstarren. Von hier aus richtet sich mein Blick auf eine Gruppe allegorischer Inszenierungen, die Künstler-virtus, den künstlerischen Siegesanspruch sowie die Bewahrung vor dem ›Berufslaster‹ Neid in Gestalt gewalttätiger Tugendpersonifikationen visualisieren. Geplant ist ein längerer Aufsatz, der 2022 veröffentlicht werden soll.