Dr. Dennis Borghardt
Vita
Dennis Borghardt ist Literaturwissenschaftler (Germanistik/Klassische Philologie) mit Forschungsschwerpunkten auf der Neueren deutschen Literatur (16.–21. Jh.), Antikenrezeption, Ästhetik und Naturphilosophie in der Frühen Neuzeit, Gattungspoetik, Gegenwartsliteratur, Literaturtheorie, Literarischen Wertung (insb. Literaturpreisen) und dem Poetischen Realismus. Er studierte Germanistik, Latinistik, Gräzistik und Philosophie und promovierte an der Universität Münster mit einer Studie zur Mechanik, Ästhetik und Poetik in der Antikenrezeption der Frühen Neuzeit (2018). Die Dissertation wurde mit dem Preis der Universität Münster ausgezeichnet (2019).
Nach einem Forschungsaufenthalt an der Bibliothèque Nationale de France in Paris und der Vertretung einer Assistentenstelle an der Ruhr-Universität Bochum (Lehrstuhl Prof. Binczek) war er von 2015 bis 2023 an der Universität Duisburg-Essen als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt ›Literaturpreise im deutschsprachigen Raum seit 1990: Funktionen und Wirkungen‹ sowie als Assistent (Lehrstuhl Prof. Pontzen) tätig.
Seit 2023 ist Dennis Borghardt als Lehrkraft für besondere Aufgaben am Germanistischen Institut der Universität Münster beschäftigt.
Publikationen (Auswahl)
- Aristoteles’ Wahrnehmungsbegriff im Spannungsfeld von aísthesis, dýnamis und epistéme, in: Frank Fehrenbach, Laura Isengard, Gerd Micheluzzi, Cornelia Zumbusch (Hg.): Wahrnehmungskräfte – Kräfte wahrnehmen. Dynamiken der Sinne in Wissenschaft, Kunst und Literatur. Berlin/Boston: de Gruyter 2024, S. 39–56.
- Der Wert der Preise. Valorisierungsdynamik in der deutschen Literaturpreislandschaft 1990–2019. Würzburg: Königshausen & Neumann 2022. (zus. mit Sarah Maaß).
- Kraft und Bewegung. Zur Mechanik, Ästhetik und Poetik in der Antikenrezeption der Frühen Neuzeit. Hamburg: Meiner 2021. (= Paradeigmata 41).
- Mediale und konzeptionelle akustische Formate der Frühen Neuzeit, in: Natalie Binczek, Uwe Wirth (Hg.): Handbuch Literatur und Audiokultur. Berlin/New York: de Gruyter 2020, S. 274–289.
- Ens necessarium versus ens contingens. Strategien zur Bekämpfung des Zufalls in der frühneuzeitlichen Antikenrezeption und Ästhetik, in: Christoph Pflaumbaum, Carolin Rocks, Christian Schmitt, Stefan Tetzlaff (Hg.): Ästhetik des Zufalls. Ordnungen des Unvorhersehbaren in Literatur und Theorie. Heidelberg: Winter 2015, S. 43–58.
Forschungsvorhaben: Dýnamis, enérgeia und Bewegung in der ästhetischen Theorie
Ästhetische Theorie wird ideengeschichtlich in der Regel mit der Disziplin der ars aesthetica und dabei vor allem mit A. G. Baumgarten als deren Begründer verknüpft. Leitend ist hierfür die Position, dass das von Baumgarten veranschlagte Analogon zwischen inferioren und rationalen Seelenvermögen dazu führt, die Sensualität mit den Mitteln des Begriffs- und Konzeptapparat der Leibniz-Wolff-Philosophie zu sublimieren. Erweitert man diesen Blick, zeigt sich indes, dass nicht allein Baumgartens analogon rationis die archegetische Funktion zukommt, eine ‚Kunst der Wahrnehmung‘ disziplinär zu bündeln, sondern Kräfte- und Bewegungslehren sowie die damit verbundenen Vermögenskonzepte aus der Astronomie, Kosmologie und Psychologie, mithin das Wechselspiel mechanistischer, materialistischer und metaphysischer Kraftbegriffe, hierfür eine entscheidende Rolle spielen.
Anknüpfend an die Dissertation – welche die Konzepte von dýnamis, enérgeia und Bewegung in ihren frühneuzeitlichen Umwertungen des Aristotelismus, (Neo-)Platonismus und Atomismus nachzeichnete – soll die Frage nach der Interdependenz von Kraft, Vermögen und Bewegung in einem über die Frühe Neuzeit hinausgehenden Rahmen vertieft werden. Der Blick wird von der Antikenrezeption zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert historisch um mittelalterliche und moderne Epochen sowie systematisch um christliche, mystische und modern-physikalische Diskursformationen erweitert. Ziel ist es, einen enzyklopädischen Zugang zu ermöglichen, der dýnamis, enérgeia und Bewegung in ihren Rollen für die ästhetische Theoriebildung transhistorisch erschließt.