Prof. Dr. Astrid Böger
Vita
Nach dem Studium der Anglistik, Amerikanistik und Germanistik an den Universitäten Bremen, Düsseldorf sowie an der Duke University promovierte Astrid Böger in Amerikanistik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Als Fulbright-Postdoc-Fellow forschte sie u.a. in Chicago über die frühen U.S.-amerikanischen Weltausstellungen als kulturelle Wegmarken der noch jungen Nation. Nach einer Associate Professorship an der Radboud Universiteit Nijmegen ist Böger seit 2009 Professorin für Nordamerikanische Literatur und Kultur an der Universität Hamburg. Sie hat bisher drei Monographien vorgelegt, Documenting Lives: James Agee’s and Walker Evans’s ‘Let Us Now Praise Famous Men’ (1994), People’s Lives, Public Images: The New Deal Documentary Aesthetic (2001; ausgezeichnet mit dem drupa-Preis der Heinrich-Heine-Universität und der Messe Düsseldorf) sowie Envisioning the Nation: The Early American World’s Fairs and the Formation of Culture (2010). Darüber hinaus hat Böger eine Reihe von Schriften u.a. zu Gender Studies und transnationalen visuellen Kulturen herausgegeben und wissenschaftliche Beiträge über ein weites Spektrum der U.S.-amerikanischen Gegenwartskultur publiziert. Ein neues Buch über U.S.-amerikanische Populärkultur, das Böger gemeinsam mit Florian Sedlmeier herausgibt, wird 2022 erscheinen. Sie ist Mitglied in einem DFG-Netzwerk zur Erforschung von Themenparks und Beiträgerin zum Grundlagenwerk Key Concepts in Theme Park Studies. Böger ist Leiterin der Arbeitsstelle für Graphische Literatur an der Universität Hamburg, wo sie regelmäßig Seminare über Comics unterrichtet.
Publikationen (Auswahl)
- Astrid Böger und Florian Sedlmeier (Hg.): U.S. American Culture as Popular Culture. American Studies: A Monograph Series. Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2022 (in Vorbereitung).
- Astrid Böger und Nicole Maruo-Schröder (Hg.): Envisioning Justice: Mediating the Question of Rights in American Visual Culture. A Special Issue of the European Journal of American Studies, 13.4 (2018).
- Astrid Böger: “Shaun Tans The Arrival und die Kunst visueller Assoziation”, in: Andrea Sabisch und Manuel Zahn (Hg.): Visuelle Assoziationen. Bildkonstellationen und Denkbewegungen in Kunst, Philosophie und Wissenschaft. Hamburg: Textem Verlag, 2018, S. 280-293.
- Astrid Böger: Envisioning the Nation: The Early American World’s Fairs and the Formation of Culture. Frankfurt/Main, New York: Campus Verlag, 2010.
- Astrid Böger und Christof Decker (Hg.): Transatlantic Perspectives on American Visual Culture. A Special Issue of Amerikastudien/American Studies, 52.1 (2007).
Forschungsvorhaben: Imaginarien der Superkräfte: Die Sehnsucht nach weiblicher Stärke im U.S.-Comic
Mein Forschungsvorhaben widmet sich den Superheldinnen U.S.-amerikanischer Provenienz, die seit den frühen 1940er Jahren mehr oder weniger gleichgestellt mit Superman & co. die Menschheit vor etlichen imaginären und mitunter auch realweltlichen Katastrophen im fiktionalen Universum seriell produzierter Comics gerettet haben. Dabei interessiert mich weniger die narrative, sondern vielmehr die formale Gestaltungsebene der so genannten neunten Kunst mit speziellem Fokus auf die Interessen der Kollegforschungsgruppe: Wie bewegen sich Figuren wie Wonder Woman durch Raum und Zeit, und welche etablierten Vor-Bilder und Modelle aus der bildenden Kunst werden dabei aufgenommen und unter den Bedingungen der populären Kulturindustrie für ein eher bildungsfernes bzw. noch junges Publikum fortgeschrieben? Welche Rolle spielen hierbei die überwiegenden Grundfarben, die für sich genommen bereits ein spannungsvolles Kräftefeld darstellen und zugleich einen starken Reiz auf Leser*innen ausüben? Wie wird der weibliche Körper als kraftvoll oder sogar unbesiegbar inszeniert? Und welche Bedeutung kommt hierbei den Superkräften zu, über die alle Superheld*innen definitionsgemäß verfügen? Eine Arbeitshypothese ist, dass diese sich enger an den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen des zwanzigsten Jahrhunderts orientieren, als gemeinhin angenommen wird. Die eigentliche kulturelle Sprengkraft der Superheld*innen liegt jedoch in der Offenlegung der veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse in der Spätmoderne, in der die individuelle Handlungsmacht zur entscheidenden Schlüsselkompetenz geworden ist.
Forschungsergebnisse: Imaginarien der Superkräfte: Die Sehnsucht nach weiblicher Stärke im U.S.-Comic
Mein Forschungsprojekt untersucht U.S.-amerikanische Superheldinnencomics, die durchgehend seit den frühen 1940er Jahren erscheinen und nicht zuletzt durch ihre zahlreichen transmedialen Adaptionen zu einem wichtigen Teil der globalen Populärkultur geworden sind. Wie bewegen sich Figuren wie Wonder Woman durch Raum und Zeit, und welche etablierten Vor-Bilder aus den älteren Künsten, namentlich Malerei und Skulptur, werden dafür angeeignet? Die verwendeten Farbschemata mit Betonung der Grundfarben sind dabei ebenso bedeutungsvoll wie die effektive Verwendung von Schlagschatten sowie die Darstellung des kraftvollen, weiblichen Körpers. Im Verlauf der Arbeit haben sich wichtige Unterschiede zu den männlichen Superhelden (comics) herauskristallisiert: Während Superman & co. ihre Gegner zumeist mit schierer physischer Stärke bezwingen, zeigen Figuren wie Wonder Woman häufig andere Körperposen, wie etwa den Kontrapost, der eine entspanntere, eher ausbalancierte Haltung suggeriert, die sich auf ihre körperlichen, aber auch auf ihre mentalen Kräfte beziehen lässt.
Ein weiteres Ziel der Arbeit war die Nachzeichnung formaler Elemente, die als visuelle Sprache des Comics oder American Visual Language (Cohn 2013) beschrieben werden können. So spielen etwa Geschwindigkeits- und Bewegungslinien bei der Darstellung von Actionsequenzen eine herausragende Rolle, ebenso onomatopoetische Ausdrücke in unterschiedlicher Größe und Farbe, die auf den ersten Blick ins Auge stechen und die Verständlichkeit von Comics entscheidend erleichtern. Als Zwischenfazit des Forschungsprojekts kann somit festgehalten werden, dass im Superheldinnencomic anhand von medientypischen visuellen Metaphern das alte Problem der Darstellbarkeit dynamischer Bewegungsabläufe in einer statischen, zweidimensionalen Kunstform auf eine so zeitgemäße wie populäre Art neu gelöst wird.