apl. Prof. Dr. habil. Myriam Gerhard
Vita
Myriam Gerhard studierte Philosophie und Politikwissenschaft in Hannover und promovierte 2001 in Philosophie. Sie lehrte am Philosophischen Seminar der Universität Hannover (Lehraufträge 1998-2004), war im Wintersemester 2003/2004 Visiting Research Fellow an der University of Durham, UK, und war Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hegel-Archiv, Ruhr Universität Bochum (März-Sept. 2004).
Im Oktober 2004 wurde sie Juniorprofessorin für Philosophie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, seit 2011 ist Myriam Gerhard apl. Professorin. 2014 schloss sie ihr Habilitationsverfahren in Philosophie mit den Schwerpunkten Naturphilosophie und Klassische Deutsche Philosophie ab.
Myriam Gerhard ist Konstituierendes Mitglied der Arbeitsgruppe Natur, FEST Heidelberg, Vorsitzende der Internationalen Hegel-Gesellschaft, Berlin sowie Mitglied des DFG-Netzwerkes "Empirisierung des Transzendentalen".
Publikationen (Auswahl)
- Von der Materie der Wissenschaft zur Wissenschaft der Materie. Berlin 2002.
- Hegel und die logische Frage. Berlin 2015.
- Kurt Bayertz/ Myriam Gerhard/ Walter Jaeschke (Hg.): Weltanschauung, Philosophie und Naturwissenschaft im 19. Jahrhundert. Band 1: Der Materialismus-Streit. Band 2: Der Darwinismus-Streit. Band 3: Der Ignorabimus-Streit. Hamburg 2007.
- Myriam Gerhard/ Annette Sell/ Lu De Vos (Hg.): Metaphysik und Metaphysikkritik in der Klassischen Deutschen Philosophie. Hegel-Studien Beihefte Bd. 57. Hamburg 2012.
- Kurt Bayertz/ Myriam Gerhard/ Walter Jaeschke (Hg.): Der Materialismus-Streit. PhB Meiner Band 618. Der Darwinismus-Streit. PhB Meiner Band 619. Der Ignorabimus-Streit. PhB Meiner Band 620. Hamburg 2012.
- Thomas Kirchhoff/ Myriam Gerhard u.a.: Naturphilosophie. Ein Lehr- und Studienbuch. UTB. Tübingen 2017.
Forschungsvorhaben: Der Kraftbegriff im 19. Jahrhundert. Metaphysische Implikationen und Versuche ihrer Aufhebung
Dass sich im 19. Jahrhundert, das nicht grundlos als das Jahrhundert der Naturwissenschaften proklamiert wurde, ein Wechsel von einem substantiellen zu einem funktionalen Begriff der Kraft vollzogen hat, ist mittlerweile sehr gut belegt. Weniger erforscht sind die impliziten metaphysischen Annahmen und Implikationen der Verwendung des Kraftbegriffs in den Naturwissenschaften und die nahezu unüberschaubaren Konnotationen, die sich nicht auf naturwissenschaftliche Theorien reduzieren lassen.
In der geplanten Monografie wird es zunächst um eine Analyse der unterschiedlichen Bestimmungen und Verwendungsweisen des Kraftbegriffs und der jeweils damit verbundenen, bewussten und unbewussten, metaphysischen Suppositionen und Konsequenzen gehen. Es soll aber weder bei einer rein begriffsgeschichtlichen Analyse bleiben, noch soll der Begriff der Kraft als ein Metaphysikum deklariert werden. Das Anliegen zielt vielmehr auf eine philosophisch problemgeschichtliche Explikation der Bedeutung und Funktion von Kraft als eine theoretische Entität. Dabei darf weder die gesellschaftliche Relevanz der Auseinandersetzung um einen adäquaten Kraftbegriff, noch die Verflechtung und teilweise Vermengung der Begriffe von Kraft, Materie und Energie übersehen werden.
Forschungsergebnisse: Der Kraftbegriff im 19. Jahrhundert. Metaphysische Implikationen und Versuche ihrer Aufhebung
Das von Werner von Siemens als Jahrhundert der Naturwissenschaften proklamierte 19. Jahrhundert stellt für die akademische Philosophie eine Zäsur dar. Vor allem die vormals als die Königin der Wissenschaften anerkannte Disziplin der Metaphysik gerät in Bedrängnis und wird zunehmend durch eine naturwissenschaftlich fundierte Wissenschaftstheorie verdrängt. Empirie, Tatsachen und messbare Größen ersetzen die die klassische deutsche Philosophie prägenden und leitenden transzendentalphilosophischen Reflexionen. Kraft und Stoff werden zu den Leitbegriffen einer empirischen Philosophie, die u.a. von Louis Büchner popularisiert wurde. Neben einschlägigen Monographien, sowie Zeitschriften- und Zeitungsartikel sind es die seit 1822 regelmäßig stattfindenden Versammlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, aus denen sich ein Quellenmaterial von kaum zu überschätzender Bedeutung für eine problemgeschichtlich orientierte Erforschung der metaphysischen Implikationen des Kraftbegriffs im 19. Jahrhundert ergibt. Eine problemgeschichtliche Untersuchung ausgewählter Streitfragen im Zeitraum der Jahre 1848-1872 soll die Bedeutung und Funktion von Kraft als eine theoretische Entität explizieren, die der gesellschaftlichen Relevanz der Auseinandersetzung um einen adäquaten Kraftbegriff, sowie die Verflechtung und teilweise Vermengung der Begriffe von Kraft, Materie und Energie gerecht wird.