Prof. Dr. Nicola Gess
Vita
Nicola Gess ist Professorin für Neuere deutsche und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Basel. Promotion an der Princeton University und der HU Berlin mit der Arbeit „Gewalt der Musik. Literatur und Musikkritik um 1800“ (Rombach 2006, in zweiter Auflage 2011). Habilitation an der FU Berlin mit der Arbeit „Primitives Denken. Wilde, Kinder und Wahnsinnige in der literarischen Modern (Müller, Musil, Benn, Benjamin)" (Fink 2013). Aktuelle Forschungsprojekte: Co-Leitung der SNF-Sinergia-Forschergruppe The Power of Wonder The Instrumentalization of Admiration, Astonishment and Surprise in Discourses of Knowledge, Power and Art; Leitung des SNF-Forschungsprojekts Halbwahrheiten. Wahrheit, Fiktion und Konspiration im ‚postfaktischen Zeitalter‘; Buch- und Übersetzungsprojekt Literary Primitivism.
Publikationen (Auswahl)
- Nicola Gess: Staunen. Eine Poetik. Göttingen: Wallstein, 2019.
- Nicola Gess, Agnes Hoffmann, Annette Kappeler (Hg.): Belebungskünste. Praktiken lebendiger Darstellung in Literatur, Kunst und Wissenschaft um 1800. Paderborn: Fink, 2019.
- Natascha Adamowsky, Nicola Gess (Hg.): Archäologie der Spezialeffekte. Paderborn: Fink, 2018.
- Netzwerk Hör-Wissen im Wandel (Hg.): Wissensgeschichte des Hörens in der Moderne. Berlin: De Gruyter, 2017.
- Nicola Gess, Tina Hartmann, Dominika Hens (Hg.): Barocktheater als Spektakel. Maschine, Blick und Bewegung auf der Opernbühne des Ancien Régime. Paderborn: Fink, 2015.
- Nicola Gess: Primitives Denken. Wilde, Kinder und Wahnsinnige in der literarischen Moderne (Müller, Musil, Benn, Benjamin). Paderborn: Fink 2013.
- Nicola Gess: Gewalt der Musik. Literatur und Musikkritik um 1800. Freiburg: Rombach 2011 (in zweiter Auflage).
Forschungsvorhaben: The Art of Thunder
Im Anschluss an meine Vorarbeiten zur Ästhetik und Poetik des Staunens und zur Wissensgeschichte des Hörens beschäftigt sich das Forschungsvorhaben „The Art of Thunder“ mit einer Kultur- und Wissensgeschichte des Donners. Als eines der lautesten natürlichen Geräusche überhaupt und als akustischer Index einer zerstörerischen Gewalt hat der Donner eine lange Geschichte sowohl als Metapher wie als dramatisches und narratives Ereignis, sowohl als göttliche Waffe wie als menschliches Artefakt vorzuweisen, die in diesem Forschungsvorhaben nachvollzogen werden soll. Zugleich möchte ich anhand des Donners Übergänge zwischen natürlichen, künstlichen und künstlerischen Formen der Kraft und zwischen wissenschaftlichen und theatralen Konzepten und Demonstrationen von Kraft untersuchen, wie sie beispielsweise im Kontext der elektrischen Performances ab Mitte des 18. Jahrhunderts oder auch im Einsatz von Modellen wie dem sogenannten „Thunder House“ nachvollzogen werden können. Die Schwerpunkte des Forschungsvorhabens werden auf der Ästhetik des Donners, dem Theaterdonner und dem Wissenschaftsspektakel liegen.
Forschungsergebnisse: The Art of Thunder
Im Anschluss an meine Vorarbeiten zu Poetiken des Staunens und zur Wissensgeschichte des Hörens beschäftigt sich das Forschungsprojekt The Art of Thunder mit der Kultur- und Wissensgeschichte des Donners. Als eines der lautesten natürlichen Geräusche überhaupt und als akustischer Index einer zerstörerischen Gewalt hat der Donner eine lange Geschichte sowohl als Metapher wie als dramatisches und narratives Ereignis, sowohl als göttliche Waffe wie als menschliches Artefakt vorzuweisen. Ich habe die Monate bei der DFG-Kolleg-Forschungsgruppe Imaginarien der Kraft genutzt, um mich näher mit dem Donner als Kunstprodukt auseinanderzusetzen, ob im Kontext der Rhetorik, der Theaterbühne oder als Gegenstand der experimentellen Naturphilosophie. Die Ergebnisse dieser Auseinandersetzung wurden in dem Vortrag „Donnernde Despoten“ präsentiert, in dessen Zentrum die Frage nach der Legitimität des künstlichen Donners stand. Dabei ging es (1) um den Donner im Kontext einer Ästhetik und Rhetorik des Erhabenen; (2) um die Semantisierung von Donner und Donnermaschinen auf der Opernbühne, wo der Donner im Laufe des 18./19. Jahrhunderts vom akustischen Index einer göttlichen Macht zum Signum einer auf Täuschung und Tyrannei gegründeten und insofern illegitimen Herrschaft wird; (3) um Blitz und Donner als Wissenschaftsspektakel im Kontext der experimentellen Naturphilosophie des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, die spektakuläre Showeinlagen (z.B. im Einsatz sogenannter „Donnerhäuser“) ebenso brauchte wie diese zugleich ihre Autoritär zu bedrohen schienen. Der Vortrag soll im Laufe des nächsten Jahres zu einem längeren englischsprachigen Aufsatz ausgearbeitet und publiziert werden.