PD Dr. Andrea Schütte
Vita
Andrea Schütte studierte Germanistik und Evangelische Theologie in Bonn und Oxford. Sie wurde 2003 mit einer kulturwissenschaftlichen Arbeit zu Jacob Burckhardt und der Ästhetik von Anordnungen im 19. Jahrhundert promoviert. 2018 erfolgte, nach einigen Jahren als GymnasiallLehrerin an der Schule, die Habilitation mit der Arbeit „Intensität. Ästhetik und Poetik eines literarischen Phänomens“, das die Denkfigur der Intensität von Leibniz bis Cassirer in den Blick nimmt.
Zu den Forschungsschwerpunkten von Andrea Schütte gehören Gegenwartsliteratur, kultur- und medienwissenschaftliche Fragestellungen, Literaturtheorie und Schnittstellen von Körper und Literatur.
Publikationen (Auswahl)
- Andrea Schütte: Paff! Intensität in Terézia Moras Roman Alle Tage, in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 43/170 (2013), S. 11-23.
- Senden - Blöken - Schlagen. Botschaften in der Gegenwartsliteratur um 2000, in: Jürgen Brokoff/Ursula Geitner/Kerstin Stüssel (Hg.): Engagement. Konzepte von Gegenwart und Gegenwartsliteratur, Göttingen 2016, S. 287-309.
- Ein Text flüchtet. Flucht und Migration in Dorothee Elmigers Roman Schlafgänger, in: Manuel Becker/Volker Kronenberg/Hedwig Pompe (Hg.): Fluchtpunkt Integration. Panorama eines Problemfeldes, Wiesbaden 2018, S. 209-235.
- Horsemeat with Cucumber Salad: Laughing at the Images of War in Alexander Kluge's Films, in: Anders Engberg-Pedersen/Kathrin Maurer (Hg.): Visualizing War. Emotions, Technologies, Communities, New York 2018, S. 24-42.
- Intensität. Ästhetik und Poetik eines literarischen Phänomens (in Vorbereitung für den Druck)
Forschungsvorhaben: Intensität. Ästhetik und Poetik eines literarischen Phänomens der Gegenwartsliteratur
Literarische Feuilletons attestieren bestimmten Texten der erzählenden Gegenwartsliteratur immer wieder und in erstaunlicher Übereinstimmung ‚Intensität‘ und versuchen diesen Leseeindruck poetologisch zu erläutern. Untersucht werden soll, inwiefern a) die Rezensionen und Reflexionen auf die historischen Artikulationsformen des Intensitätsbegriffs implizit zurückgreifen und inwiefern b) die literarischen Texte sich mit der durch den Intensitätsbegriff angebotenen anderen Logik beschreiben lassen. Die Untersuchungen zielen darauf zu prüfen, ob mit der Intensitätsfigur eine Sichtweise auf literarische Texte und womöglich eine literaturwissenschaftliche Verfahrensweise gegeben ist, erzählende Gegenwartsliteratur nach Wirksamkeitsformen und -zonen zu ordnen.
Forschungsergebnisse: Intensität. Ästhetik und Poetik eines literarischen Phänomens in der Gegenwartsliteratur
Die von mir in einer früheren Arbeit analysierten Phänomene eines kraftgesteuerten Intensitätsbegriffs, wie er von der Scholastik bis zur Kulturtheorie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgebildet wurde, wurden auf ihre Validität für die Beschreibung von Gegenwartsliteratur überprüft.
Um die Erzähltexte der Gegenwartsliteratur zu identifizieren, die mit hoher intersubjektiver Gültigkeit als ‚intensiv‘ bezeichnet werden, waren deren Rezensionen in den großen überregionalen Tageszeitungen und Radiosendern zu konsultieren. Dabei standen neben ‚Intensität/intensiv‘ und ‚Kraft‘/‚Wucht‘ auch die Verwendung von verwandten oder strukturell gekoppelten Begriffen wie ‚Schmerz‘/‚Leiden‘, ‚Grenze‘, ‚Druck‘ und ‚Dichte‘ im Fokus der Recherche.
Für das erstellte Korpus ließ sich nachweisen, dass die als intensiv bezeichneten Texte tatsächlich eine Semantik und eine Poetik der Versehrung aufzeigen: Sie bedienen einerseits Semantiken, die auf eine Hochspannung und eine Porosität des Körpers hinweisen. Zum anderen wird auf formaler Ebene eine VerSEHRung als elative Steigerung vollzogen: Die sprachlichen Strukturen führen an die Grenzen des Sagbaren heran und erzeugen auf je spezifische Weise eine Innenspannung, deren Intensität eine Verarbeitung von Kraft bedeutet.
Neben dieser Untersuchung der Phänomene der literarischen Texte stellte sich die Notwendigkeit heraus, die Rezensionen, die zunächst nur als Suchmaschine funktionalisiert wurden, selbst einer Analyse zu unterziehen. Weiterhin wird zu untersuchen sein, welche Narrative die Rede über literarische Intensität bedienen, um den kulturellen Stellenwert des Intensitätsbegriffs literatur- und kulturhistorisch einzuordnen.